Die Verhaltenstherapie ist eher als Überbegriff für Therapieverfahren zu verstehen, die das Verlernen beziehungsweise Umlernen problematischer Verhaltensweisen zum Ziel haben. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) ist eine Form der Verhaltenstherapie, die von Marsha M. Linehan zur Behandlung von Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt wurde.
Der Begriff „Dialektik“ bezeichnet die Auseinandersetzung mit Gegensätzen und Widersprüchen. Dabei geht es darum, die Existenz von Widersprüchen zu akzeptieren. In der Dialektisch-Behavioralen Therapie soll eine Person mit ihren Eigenschaften so akzeptiert werden, wie sie ist. Gleichzeitig ist es möglich anzuerkennen, dass Probleme bestehen und Veränderung notwendig ist. Diese Denkweise reduziert Spannungen und fördert Flexibilität im Denken.
„Behavioral“ leitet sich vom englischen Wort für Verhalten („behavior“) ab, da die DBT eine Form der Verhaltenstherapie ist. In der Verhaltenstherapie geht es darum, problematische Verhaltensmuster zu erkennen und durch bessere Alternativen zu ersetzen.
Um den Erfolg der Psychotherapie zu sichern, kann ein Therapievertrag sinnvoll sein. In diesem werden Behandlungsziele festgelegt und beide Seiten verpflichten sich, bestimmte Voraussetzungen einzuhalten. So kann sich der Patient beispielsweise dazu verpflichten, innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine Suizidversuche zu unternehmen und zu den Therapiesitzungen zu erscheinen. Der Therapeut kann sich verpflichten, eine kompetente Psychotherapie im Rahmen seiner Möglichkeiten anzubieten und bei Problemen auch telefonisch für den Patienten erreichbar zu sein.
Das Therapiekonzept der Dialektisch-Behavioralen Therapie besteht grundsätzlich aus vier Bausteinen:
Einzeltherapie
In der Einzeltherapie liegt der Schwerpunkt auf den individuellen Problemen des Patienten, die nach ihrer Dringlichkeit priorisiert werden. In der Dialektisch-Behavioralen Therapie haben dabei selbstschädigendes und therapiegefährdendes Verhalten Vorrang, während weniger dringliche Themen zu einem späteren Zeitpunkt bearbeitet werden.
Sollten Sie akute Suizidgedanken haben, suchen Sie umgehend die nächste Notaufnahme auf. Zusätzlich kann die Telefonseelsorge anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter den Telefonnummern 0800/1110111 und 0800/1110222 erreicht werden.
Therapiegefährdendes Verhalten zu bearbeiten hat in der DBT ebenfalls einen hohen Stellenwert, da dieses Verhalten die Psychotherapie erschwert oder sogar zum Abbruch der Therapie führt. Therapiegefährdendes Verhalten kann sowohl vom Patienten als auch vom Therapeuten ausgehen.
Patienten gefährden den Therapieerfolg, wenn sie Sitzungen versäumen oder relevante Themen verschweigen. Therapeuten wiederum können den Erfolg gefährden, indem sie den Patienten überfordern oder zu schnell zur Verhaltensänderung drängen. Auch das Absagen oder verspätete Erscheinen des Psychotherapeuten zu den Sitzungen kann das Vertrauensverhältnis schädigen.
Nachdem die besonders akuten Probleme in der Psychotherapie bearbeitet wurden, werden auch andere problematische Verhaltensweisen thematisiert. Dazu gehören beispielsweise Essstörungen, Drogen- und Alkoholmissbrauch oder die Vernachlässigung der eigenen Gesundheit.
Viele Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung haben zudem Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren und „angemessen“ auf bestimmte Situationen zu reagieren. Bereits geringe Reize können bei Betroffenen sehr starke Emotionen auslösen. Impulsive und unüberlegte Handlungen stellen im Alltag oft eine Herausforderung dar und beeinträchtigen die Lebensqualität. In der Psychotherapie lernen Patienten daher, auf einen Reiz nicht unmittelbar eine Reaktion folgen zu lassen, sondern die Zeit zwischen Reiz und Reaktion bewusst zu gestalten.
Fertigkeitentraining
Mithilfe des Fertigkeitentrainings können Patienten verschiedene Skills erlernen, die den Umgang mit Situationen im Alltag erleichtern. Das Training findet in der Regel in einer Gruppe mit anderen Patienten statt und umfasst folgende Fertigkeiten:
- Wahrnehmung und Regulierung von Gefühlen: Typisch für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung sind ein Gefühl innerer Leere oder auch sehr schnell und sehr stark auftretende Emotionen. Patienten lernen im Fertigkeitentraining, ihre Gefühle wahrzunehmen und damit umzugehen.
- Umgang mit Stress: Es werden bestimmte Skills und Methoden vermittelt, um Stress und innere Anspannung zu reduzieren.
- Aufbau von Beziehungen: Patienten lernen, gesunde Beziehungen aufzubauen und zu pflegen.
- Stärkung des Selbstwertgefühls: Den Patienten wird ein positives Selbstbild und ein guter Umgang mit sich selbst vermittelt.
Telefon-Coaching
Ein weiterer Baustein der DBT kann sein, dass der Psychotherapeut zwischen den Therapiesitzungen für den Patienten telefonisch erreichbar ist. Der Patient kann ihn so auch in akuten Krisen und Problemsituationen kontaktieren. Dies ermöglicht eine kurze Problemanalyse sowie Symptomlinderung. Außerdem lernen Patienten dabei, sich an Absprachen zu halten (z. B. telefonische Rückmeldungen).
Wirksamkeit der Dialektisch-Behavioralen Therapie
Mehrere Studien haben den Effekt der Dialektisch-Behavioralen Therapie mit dem einer klassischen Psychotherapie bei Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung verglichen. Insgesamt wurde nachgewiesen, dass die DBT bei Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung wirksamer ist und selbstschädigendes Verhalten, Impulsivität sowie Therapieabbrüche stärker reduziert als eine klassische Psychotherapie.
Bezogen auf die depressive Symptomatik einer Borderline-Persönlichkeitsstörung war die DBT einer klassischen Psychotherapie jedoch nicht überlegen.